Provence

Idyllische Dörfer, wilde Schluchten und die französische Lebensart

Die Reiseroute führt durch Städte mit antiken und mittelalterlichen Baudenkmälern gleichermaßen wie durch Bergdörfer und Schluchten. In dieser malerischen Urlaubsregion ist die Auswahl an Camping- und Stellplätzen groß.

Land aus Licht und Farbe

Flamingos schlafen noch im Licht der frühen Morgensonne, Palmen wiegen ihre Blätter in einer sanften Brise, die vom Meer herüberweht, die Luft ist erfüllt vom Duft nach Salz, Kräutern oder Lavendel. Das Licht taucht die Bergdörfer und Felder am Morgen in goldene Pracht und lässt Farben und Kontraste explodieren. Die gleißende Mittagssonne überzieht alles mit dunstigen Pastelltönen. Abends kommen die Farben zurück und die Landschaft erscheint wie durch einen Filter aus Orange.

Die Provence ist ein Klassiker unter den Caravaning-Zielen Europas. Ganz gleich ob mit dem Caravan auf einem der 836 Campingplätze der Region oder mit dem Reisemobil, für das auch 450 Reisemobilstellplätze bereit stehen. Dabei ist nicht nur der azurblaue Küstenstreifen zwischen Saintes-Maries-de-la-Mer in der Camargue und Menton an der italienischen Grenze interessant. Das Hinterland mit den geometrischen Lavendelfeldern des Luberon, den wilden Schluchten des Verdon, den salzigen Wiesen der Camargue, den pittoresken Bergdörfern der Vaucluse und den historischen Zentren von Arles, Aix und Avignon entfalten ihren Reiz in einer beeindruckenden Vielfalt. Das Spiel aus Licht und Farbe gibt all diesen unterschiedlichen Regionen der Provence einen besonderen Glanz, der schon große Maler und Fotografen gleichermaßen in seinen Bann zog.

Auf den Spuren van Goghs

Von Lyon durch das Rhône-Tal kommend ist der erste Halt unserer Rundreise die Stadt Arles an der Rhône. In Arles kreuzten sich einst die Via Agrippa, die aus dem heutigen Lyon kam, und die Via Aurelia, die weiter nach Marseille und schließlich nach Rom führte. Im historischen Zentrum zeugt das Amphitheater von der großen antiken Bedeutung der Stadt. Die Kathedrale St Trophime belegt, dass Arles diese herausragende Stellung auch im Mittelalter behaupten konnte. Neben den antiken und mittelalterlichen Baudenkmälern ist Arles auch für seinen wohl berühmtesten ehemaligen Einwohner bekannt: Vincent van Gogh. Während seiner Zeit in Arles portraitierte er die Stadt und ihre Umgebung in über hundert Varianten. Eines seiner bekanntesten Werke ist „Die Terrasse des Café la Nuit bei Nacht“. Heute ist das Café la Nuit Teil des Vincent van Gogh Rundgangs durch Arles, bei dem zahlreiche von van Gogh gemalte Motive für die Kunstbegeisterten hergerichtet wurden. Samstags werden die Besucher der Stadt zusätzlich von einem der größten provençalischen Märkte angelockt. Obst, Gemüse, Wurst, Käse, Olivenöl, Wein, Kunsthandwerk, Kleidung und Blumen werden dann auf den Boulevards vor der Stadtmauer angeboten. Im Nu sind hier der Kühlschrank und die Staufächer des Reisemobils gefüllt. Der Reisemobilstellplatz liegt übrigens gleich gegenüber der Altstadt an der Rhône. Dorthin führt die Brücke Pont de Trinquetaille, die ebenfalls von van Gogh gemalt wurde.

Aus dem platten Land fahren wir weiter in Richtung Berge und erreichen nördlich von Arles die Alpillen. Der Ort Les Baux-de-Provence empfängt uns auf einem Felsvorsprung thronend, als wolle er seinen Besitzanspruch über die ihm zu Füßen liegende Camargue hervorheben. Bei gutem Wetter sind die Sümpfe und das Meer von der Burgruine aus gut erkennbar. Das mittelalterliche Städtchen ist ein beliebtes Besuchsziel für Touristen. Einige hundert Meter weiter den Berg hinauf liegen die Kalksteinbrüche, in denen heute die gigantische Lichtinstallation Carrières de Lumières aufgebaut ist. Über 100 Videoprojektoren projizieren mit Musik und Bewegung animiert die Bilder großer Künstler auf die weißen Wände, Decken und Böden. Auf 6.000 Quadratmetern werden die nackten weißen Felsen so zu einer beeindruckenden Hommage an die Kunst.

Auf der anderen Seite des Felsmassivs der Alpillen liegt der Ort Saint-Rémy-de-Provence. Am Stadtrand in der Psychiatrischen Klinik des Klosters Saint-Paul-de-Mausole wurde van Gogh behandelt und so entstanden auch hier zahlreiche Gemälde des berühmten Künstlers. Die sehenswerte Altstadt ist am besten zu Fuß zu erkunden. Zur Übernachtung bietet sich der Campingplatz Monplaisir an, der nur 15 Minuten Fußweg vom Zentrum entfernt liegt und dennoch vor allem für seine Ruhe vom niederländischen Campingverband ANWB als ‚Camping des Jahres 2016‘ ausgezeichnet wurde. Der familiengeführte Vier-Sterne-Platz ist liebevoll angelegt, in allen Installationen vom Empfang über den Shop und die Sanitärgebäude bis hin zum Schwimmbad ist das Motto „klein aber fein“ zu erkennen.

L’Ile sur la Sorgue im Departement Vaucluse heißt die nächste Etappe. Umringt von zwei Flussarmen empfängt die Altstadt des Ortes den Besucher mit historischen Bauten, zahlreichen Mühlrädern und einer Menge Patina. Einst trieben 62 Mühlräder Webstühle an, die den Ort zu einer Hochburg für Tuche und Stoffe machten. Geblieben ist davon nur noch die Manufaktur Brun de Vian-Tiran, die unter Kennern für ihre feinen Tuche aus Baumwolle, Mohair oder Kaschmir geschätzt wird. Darüber hinaus ist das Örtchen für seine Antiquitätenläden bekannt. Im Sommer bevölkern zahlreiche Besucher die unzähligen Restaurants und Bars in der Altstadt und entlang der Flussarme. Bei provençalischem Wein und Spezialitäten wird ein lauer Sommerabend hier zum Genuss für die Sinne. Als Übernachtungsplatz bietet sich der Campingplatz Airotel la Sorguette an. Er liegt gerade einmal zwei Kilometer vom Stadtzentrum entfernt. Der 25minütige Spaziergang in die Stadt führt entlang der Sorgue vorbei an Gärten, Parkanlagen und zahlreichen Anglern. Der gepflegte Drei-Sterne-Platz wird familiär geführt und verzichtet bewusst auf den vierten Stern, für den lediglich ein Schwimmbad fehlt. Angesichts des freundlichen Empfangs, der einwandfreien Infrastruktur und der ruhigen Lage haben wir das aber nicht wirklich vermisst.

Bergdörfer und wilde Schluchten

Neben dem Städtchen auf der Flussinsel der Sorgue sind Bergdörfer die Attraktion der Region. Gordes, Saignon, Bonnieux und Saint Saturnin les Apt sind nur einige Beispiele dieser Villes Perchées, wie sie in Frankreich genannt werden. Es lohnt sich, hier das Reisemobil am Stadtrand zu parken und die verwinkelten Gassen zu Fuß zu erkunden. In Saignon etwa wird diese Mühe mit einer atemberaubenden 360 Grad Aussicht vom zentralen Felsen der Burgruine vergolten. Ebenfalls einen Halt wert ist der Ort Roussillon. Zusätzlich zu einem pittoresken Zentrum warten hier noch die Ockersteinbrüche Les Sentiers des Ocres auf neugierige Besucher. Seit Jahrhunderten wurde der Farbstoff hier abgebaut, heute dienen die Steinbrüche als Besuchermagnet. Das Farbspektrum reicht von blassem Gelb über Orange und Rot bis hin zu den seltenen Lila-Tönen. Im Zusammenspiel mit der grünen Natur, dem tiefblauen Himmel und den weißen Wolken ergeben die bunten Erden ein Farbenspiel der Extraklasse.

"Einmal im Leben …"

Auf der Reise Richtung Osten passiert das Reisemobil weitere Bergdörfer wie Gréoux-les-Bains oder Moustiers-Sainte-Marie. Dabei fallen immer wieder die langen Reihen der Lavendelfelder ins Auge. Lila sind sie nur zwischen Mitte Juni und Mitte Juli. Zwar würde der Lavendel noch bis Ende August blühen, allerdings findet Mitte Juli meist schon die Ernte statt und dabei werden alle Reihen bis auf wenige Zentimeter abgeschnitten. Wer später nach lila Lavendelfeldern sucht, wird daher nur schwer fündig.

Am östlichsten Punkt unserer Reise warten die wilde Gorges du Verdon. Am Ausgang der Schlucht liegt der große See Lac de Saint Croix. Ein Eldorado für Segler, Windsurfer, Stand up-Paddler, Kanuten und andere motorlose Wassersportler. Er entsteht wie sein kleinerer Bruder der Lac d’Esparron bei Gréoux-les-Bains durch eine Staumauer. Diese stauen den Fluss Verdon und regeln von hier aus die Trinkwasserversorgung nahezu der ganzen westlichen Provence. Die Schlucht selbst ist ein imposanter Anblick und fordert von Fahrer und Beifahrer gute Nerven. Schon die normale zweispurige Straße eröffnet dem Beifahrer ab und zu den freien Blick in den Abgrund. Besonders nervenstarke Mobilisten können ab La Palud Sur Verdon den Rundkurs der D 23 „Route des Crêtes“ fahren. Die Straße wird nach einigen Kilometern einspurig und darf daher an einem Teilstück nur in eine Richtung befahren werden. Wer den ganzen Rundkurs ohne Wendemanöver absolvieren möchte, sollte daher im Uhrzeigersinn fahren. Gelegentlich führen grob gehauene unbeleuchtete Tunnel durch den Fels. Zum Glück sind sie nicht sehr lang. Immer wieder laden Parkbuchten dazu ein, die Aussicht zu genießen. Je nach Anzahl der Stopps können die 23 Kilometer eine bis anderthalb Stunden in Anspruch nehmen. Bei gutem Wetter ist die Strecke ein unvergessliches Erlebnis aus der Kategorie „Einmal im Leben…“.

Von den platten Salzwiesen der Camargue bis zu den steilen Felsen des Verdon bietet die Provence eine reiche Fülle an Eindrücken, Ausblicken, Düften und Farben. Daher gehört sie quasi zum Standardrepertoire vieler Caravaningreisenden. Auch bei mehrfachen Besuchen schafft es die Provence, immer wieder eine neue Facette ihrer reichhaltigen Fülle zu zeigen, und zu ihren Klassikern kehren wir sowieso immer gerne zurück.

Text und Bildmaterial: Ralph Binder
Erschienen in CARAVANINGWELT 2017/18

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